Zurück zum vorigen Kapitel: Rückreise Teil 5 (Irak)
Immer noch 19. April 2024:In der ersten Kleinstadt Silopi will ich gerade eine türkische SIM-Karte besorgen, da spricht mich ein großgewachsener, sympathischer Tiroler an. Er hätte soeben auch eine SIM-Karte gekauft und wir plaudern erst in einem Café weiter, dann beschließen wir gemeinsam zu einem ruhigen Platz zu fahren und dort zu Essen und zu Übernachten.Ich besorge noch die weiteren „bare necessities“ wie Bier und Gin, Obst und Gemüse, dann richten wir es uns auf (!) einem uralten, aufgelassenen Friedhof über der Stadt gemütlich ein.(Foto © @MartinausTirol)Wir reden bis spät in die Nacht. Martin fährt mit seinem toll selbst ausgebauten Steyr WoMo-LKW weiter nach Georgien hoch um dort zu Parken, seine Frau war schon von Kuwait aus zurück nach Hause geflogen.20. April 2024:Nach einer angenehm kühlen Nacht und einem Tee mit Martin und den hiesigen Schaf- und Ziegenhirten führt mich die teils grottenschlechte Hauptstraße entlang nach Westen. In der nächsten Stadt Cisre habe ich bei der Hinreise schon gute Erfahrungen mit den dortigen Mechanikern gemacht und so lasse ich ein paar Kleinigkeiten an Luxi herrichten. Dann weiter teilweise haarscharf an der Grenze zu Syrien entlang bis zur ersten römischen Ausgrabung.Nachdem hier in der Türkei das Wochenende wieder auf Samstag/Sonntag fällt ist heute einiges los. Ich muss mich langsam wieder an Wochenendausflügler, Eis- und Souvenirstände gewöhnen 🙂Für mich dient die archäologische Stätte von Dara mehr als Wanderung, auch wenn die Nekropole und riesigen unterirdischen Zisternen schon beeindruckend sind.Ich bin weit und breit der einzige nicht-Türke …Übernachten kann ich ungestört im nahegelegenen alten römischen Steinbruch.
21. April 2024:Morgens gegen halb acht Uhr beginnt eine freundliche kurdische Familie gleich bei meinem Standplatz die Schafe zu melken.
Nach dem Blogupdate und ein bissl arbeiten fahre ich die 200 Kilometer durch weite Pistazienfelder zum archäologischen Mysterium Göbleki Tepe.Wieso Mysterium? Weil hier in dieser Kultanlage auf einem „bauchigen Hügel“ (Übersetzung von Göbleki Tepe) die früheste menschliche Stätte entdeckt wurde: Viel älter als die Pyramiden oder Stonehenge.Und die Wissenschaft streitet und rätselt nach wie vor wie es den Menschen damals gelungen sein kann, vor etwa 12.000 Jahren (!) diese Stätte zu errichten wo doch die Landwirtschaft damals noch nicht erfunden war und die Versorgung der Bauarbeiter unmöglich ohne den Anbau von Getreide etc. zu schaffen war. Als Jäger und Sammler geht sich das nahrungstechnisch nicht aus.Aber besichtigen tu ich das Ganze erst morgen.Ich übernachte in einem Pinienhain unweit der Anlage.22. April 2024:Obwohl ich an einem Montag knapp nach Öffnung am Eingang stehe ist schon ordentlich was los. Der kleine Parkplatz füllt sich schnell.Das Museum bietet einiges Multimediales, gut aufbereitet und bei den geschmalzenen Eintrittspreisen für Nicht-Türken (die Jahreskarte für alle türkischen Museen ist für Ausländer 100x teurer!) bin ich froh um meine gratis-Dauerkarte.Die eigentliche Ausgrabung von Göbleki Tepe gibt jetzt nicht so wahnsinnig viel her. Es gibt hier etwa 20 kreisförmige Tempel. Diese bestehen aus riesigen Steinblöcken, die auf rechteckigen vertikalen Steinsäulen stehen welche mit Tierfiguren und Reliefs verziert sind.Es ist die Bedeutung dieser Kultstätte die die Faszination ausmacht. Und die Geheimnisse drumherum; die Fragen die der Ort aufwirft.
Später in der nahen, ziemlich coolen Stadt Şanlıurfa wird in einem großartigen, höchst sehenswerten und modernen Museum alles noch genauer beleuchtet und veranschaulicht.Unweit des Museums ist der Balıklıgöl (deutsch: Fischsee) ein nettes Ausflugsziel. Viele Einheimische sind unterwegs, es ist ein Fenstertag zwischen dem Wochenende und dem morgigen Feiertag.Einige Zeit verbringe ich in einer Toyota-Werkstatt. Die Bremsflüssigkeit war dringend zu wechseln und bei der Gelegenheit habe ich die sehr hilfsbereiten und kompetenten Jungs gebeten sich doch bitte anzuschauen was da seit neuestem im unteren Drehzahlbereich so vibriert. Die Analyse ist wenig erfreulich: Die Motoraufhängung ist gebrochen. Die zur Reparatur erforderlichen Ersatzteile sind nicht alle in der Türkei erhältlich. Es würde über ein Monat dauern um die restlichen Teile aus Japan zu bekommen.Die Mechaniker meinen: „Nicht mehr zu wild offroad fahren, dann könnte es halten bis nach Österreich. „Offroad? Ha! Dabei hat das Problem erst auf den geflickten Autobahnen der Osttürkei angefangen.Auf jeden Fall denke ich ist jetzt eine Mitgliedschaft bei einem Autofahrerclub kein rausgeschmissenes Geld. Wenn das Problem größer wird kann ich den Rückholdienst in Anspruch nehmen.
Ich fahre noch bis Bireçik und damit bis ans Ufer des hier recht sauberen Euphrat.
23. April 2024:
Frühmorgens (nachts hatte es draußen angenehm frische 14 °C) spaziere ich am Euphrat-Ufer entlang zu einer Waldrapp-Kolonie am Steilufer des Flusses.Ein freundlicher Vogelkundler mit Namen Mustafa hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Restpopulation der hier einst weit verbreiteten Waldrappe zu schützen und das Konzept ist aufgegangen.Ich durfte ja schon mal eine völlig wildlebende Kolonie in Marokko besuchen, hier hingegen ist die menschliche helfende Hand stark engagiert. Der Zuchterfolg spricht für sich und die Tiere vermehren sich und können sich frei bewegen.Jetzt ist gerade Brutsaison.
In Gaziantep liegt das Mosaikmuseum direkt an meiner Route. Ich habe mir das Museum schon bei meiner Hinreise gründlich angesehen – aber die tollen römischen Mosaike hier kann man sich immer wieder anschauen.Abendessen in Osmaniye …… und dann geht’s zum Übernachten an den Ceyhan River mit vielen fliederartig süß duftenden Bäumen an seinem Ufer, das alles unterhalb einer malerischen osmanischen Festung aus dem 11. Jahrhundert.