Iran 2018 Teil 6: Teheran

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19.4.2018
In Zanjan hatten wir uns in der Nacht einfach auf den Bahnhofsparkplatz gestellt. Am Morgen klopft es und zwei Mitarbeiter der Iranian Railways stehen vor der Tür, samt einem leckeren Frühstück für uns: Omelett mit Tomaten, dazu frisches Brot.
Hat man da noch Worte???

Wir machen dann wieder mal ein bisserl Kultur. Nächster Stop ist ein schönes Grabmal kurz nach Zanjan, das Mausoleum des Khan Öljeitü, mit beeindruckender blauer Riesenkuppel und schönen Ziegelmustern in den Arkaden.

In Qazvin (grosser Basar mit überquellenden Teppichlagern, herrlicher renovierter Basarteil mit coolen Cafés!) versuchen wir dann nach einem ausgiebigen Stadtbummel vergeblich ein gutes Restaurant zu finden. In einer alten Karawanserei schaut’s recht gemütlich aus, aber dann gibt es trotz einigermassen umfangreicher Speisekarte nur 2 oder 3 Gerichte, und das auch nur verschiedene Kebabarten. So geht’s uns leider recht häufig: entweder sie sperren erst recht spät auf (19 / 20 Uhr), oder es gibt nichts Besonderes, oder es sind Fast-Food-Läden. Schade, die persische Küche kann ja sooo lecker sein.
Ein paar Impressionen aus Qazvin:

Kontrastprogramm: Auch E-Fatbikes gibt’s zu kaufen. Keine Ahnung wie gut der Akku ist aber um 815 Euro kannst nicht viel verlangen.

Das sind die hiesigen Standard-Lieferautos. Zerbeult und meist überladen, aber allgegenwärtig:

20.4.2018
Nach einer Nacht inmitten von Mandelbäumen ist die restliche Distanz von Qazvin bis Teheran schnell abgespult. Nur einmal werden wir bei einer Polizeikontrolle rausgewunken, das allererste Mal übrigens auf dieser Reise. Ich will schon die Papiere rauskramen, da strahlt mich der Polizist mit den Worten „Tourist, I love you!“ an und winkt uns grinsend weiter. Der hat uns nur gestoppt um uns das zu sagen und dem Akzent nach zu schließen, sind das die einzigen Worte die er auf Englisch kann. Die paar Worte kamen aber offensichtlich von Herzen…

Wir sehen zum erstenmal die Berge des Alborz-Gebirges, mit den schneebedeckten 4000ern:

Der Verkehr wird dichter und irgendwann finden wir uns im ganz normalen Teheran-Stauwahnsinn wieder. Ach ja, hab ich schon erzählt wie das mit dem Autofahren hier ist? Also: Du vergisst am besten, dass Du einen Rückspiegel hast, schaust nur nach vorne und betest zu Allah, dass deine Bremsen nicht versagen. Denn was uns da an Irrsinn unterkommt, ist sagenhaft. Quer über einen vierspurigen Kreisverkehr in Gegenrichtung war zwar das wildeste was ich bisher gesehen hab aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Prinzipiell (!) schiessen die Autos aus Nebenstraßen direkt vor deine Kühlerhaube, bleiben 90° vor dir stehen weil der Fahrer halblinks vor Dir die Fahrbahn blockiert und du kannst nur voll in die Eisen steigen und hoffen, dass der eine Meter Bremsweg den du hast ausreicht. Das sind keine Einzelfälle, das passiert uns ständig und niemand zuckt da auch nur mit der Wimper.
Dieses Gottvertrauen möcht‘ ich mal haben!

Wir fahren rauf zum Parkplatz von Tochal im äussersten Norden der Stadt, da wo die Reichen und Schönen wohnen weil es hier oben an den Bergen kühler ist und man einen schönen Blick auf die Stadt hat, wenn es der Smog zulässt. Dieser Parkplatz ist Ausgangspunkt für Bergwanderungen zum Berg Mt. Tochal und auch eine Seilbahn geht rauf bis auf 3700m, wo sich ein Schigebiet findet. Für die nächsten Tage ist mittelmäßiges Wetter angesagt, die Schi lassen wir daher erstmal eingepackt, wandern nur ein bisserl den Berg hoch und holen uns von ein paar Snowboardern Ezzes, wie das hier so abläuft und wie die Bedingungen sind.

Die Nacht verbrigen wir hier am Parkplatz auf 1700m wo es auch eine Wasserstelle gibt.

21.4.2018
Unser Versuch, 2 Maschinen Wäsche waschen zu lassen wird zur Odyssee. Es gibt keine Waschsalons, nur chemische Reinigungen und diese verlangen ihre Preise naturgemäß pro Stück, wo dann ein Preis rauskommt der uninteressant ist. Bei Hotels detto. Schließlich packen wir alles ein und fahren mit Bus und Metro buchstäblich durch die halbe Stadt zu einem Hostel wo wir gnädigerweise eine Waschmaschine nutzen können. Dazu muss ich aber ein Bett buchen, obwohl ich es nicht benutzen werde. Mit dieser Action geht der ganze Tag drauf, ich kann nur zwischendurch die ehemalige US-Botschaft besichtigen, aus der jüngeren Geschichte und aus Filmen bekannt (Geiselnahme 1979-1981). Die Zutaten für einen Spionagethriller sind jedenfalls vorhanden, dass alles extrem einseitig dargestellt wird, versteht sich von selbst.

Wir parken einigermassen ruhig am Messegelände. Vor hier aus können wir einen Schnellbus ins Zentrum fussläufig gut erreichen. Einen Parkplatz gibt es so „relativ nahe am Zentrum“ (etwa 40 Minuten per Schnellbus) sonst praktisch nirgendwo.
Diese Schnellbusse mit eigener Busspur und speziellen Haltestellen sind neben der Metro die einzig vernünftige Möglichkeit der Fortbewegung. Der Rest versauert im Stau.

22.4.2018
Besuch von National- und Juwelenmuseum.
Letzteres ist einfach unbeschreiblich! Im Keller der Nationalbank werden Pretiosen aufbewahrt, da könnte die Königin von England blass vor Neid werden.
Fotos dürfen keine gemacht werden, wir müssen durch viele unfreundliche Sicherheitskontrollen und lange anstehen, aber es hat sich gelohnt.

23.4.2018
Ein Regentag in Teheran. Kurzer Besuch des Basars, aber die vielen Leute, das Gedränge wird vor allem mir bald zuviel.
Dann bleibt noch die Challenge Geldwechseln. In den letzten Tagen hat die Regierung diverse Devisenkontrollen verfügt. Banken wechseln gar nicht, viele Wechselstuben sind geschlossen, bzw. winken ab: „No change!“. Die Situation ist unübersichtlich aber wir brauchen dringend Rial.
Ich kann schließlich auf der Strasse bei einem Schwarzhändler zu einem akzeptablem Kurs wechseln, aber das Ganze nervt. Die Einheimischen die Fremdwährungen brauchen sind noch viel schlechter dran, also sollten wir nicht jammern.

24.4.2018
Schitag am Mt. Tochal! Der Regen gestern ist oben natürlich als Schnee gefallen und wir stehen pünktlich um 8 Uhr am Parkplatz der Gondel bereit.
Doch erstmal heisst es Warten. Die Iraner zeigen sich wahnsinnig geduldig und schön langsam wird mir klar, weshalb es hier noch kaum Aufstände gab (von Dez. 2017 abgesehen). Die jungen Leute (wir treiben den Altersschnitt gehörig nach oben) stehen, plaudern und warten. Niemand regt sich auf, dass nix weitergeht, dass es auch keine Info gibt warum die Gondel nicht geht, dass die Plakate uralte Preise zeigen, usw. usf.
Nach fast 2 Stunden geht’s endlich los und die ganze Anlage versprüht den morbiden Charme der frühen 1970er Jahre. Na ja, wir kommen gut hinauf und wieder herunter, genießen den Tag im Pulverschnee und in der Sonne auf knapp 3700m.



Die Pisten sind recht flach, abseits im etwas steileren Gelände findet sich schöner Pulver für uns.

Die meisten Einheimischen (davon mindestens drei Viertel Snowboarder) sind nicht gerade Cracks, wir sehen viel lustige Stürze die – Alhamdulli’allah – alle gut ausgehen 🙂

Abends sind wir bei einer netten Familie eingeladen, schade dass die Atmosphäre etwas steif ist, die Eltern des jungen Mannes der uns eingeladen hat sind sehr freundlich aber halt auch ein wenig konservativ.

25.4.2018
Gestern Abend sind wir noch zum Mausoleum des Ayatollah Khomeini rausgefahren. Den Riesenparkplatz kenne ich noch von vor 27 Jahren, aber sonst hat sich einiges getan: Es entstand ein richtiger Kommerzkomplex mit Hotels, Banken, Souvenirständen (u.a. mit Eiffelturm-Miniaturen, ausgerechnet!), Fast-Food-Ständen und Pizzabuden.

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2 Antworten zu Iran 2018 Teil 6: Teheran

  1. Heli sagt:

    Absolut toll eure Reise, endlich mal ein Blick in den Iran wie wir ihn so nicht kennen! Da habt ihr den perfekten „Riecher“ für euer Reiseziel gehabt! Und die Reiseberichte sind ein Genuß zu lesen!
    Weiter alles Gute und ich freu mich schon auf die Fortsetzung!

  2. Bine sagt:

    Hallo ihr Zwei!

    Wie immer bedanke ich mich für euren detaillierten Reisebericht, da ich dadurch weiß, dass es euch gut geht. Heidi, du hast mich ja auch über Whats App wissen lassen, dass ihr nun einige Tage kein Internet nutzen könnt und so bin ich darauf eingestellt nichts von euch zu lesen. Auf alle Fälle wünsche ich euch eine spannende aber positive Weiterreise und ein „gutes Vorankommen“ in der Wüste.
    Ich freue mich auf euren nächsten Blog und sende euch liebe Grüße … auch von Papa!
    Servus bis bald