Iran 2018, Teil 4: Nordostiran

Hier geht’s zurück zum Teil 3 des Reisetagebuches.

9.4.2018, Grenzübertritt Türkei – Iran:

Gegen Mittag türkischer Zeit (Iran: +1,5 Stunden) überqueren wir die Grenze. Die Ausreiseformalitäten sind in einer halben Stunde erledigt.
Vor der iranischen Seite müssen wir etwas warten, dann hilft uns ein Mann in Zivil auf unserem Weg durch den Behördendschungel. Hier ein Stempel, da eine Unterschrift, dort ein Eintrag im Carnet und wieder zurück einen weiteren Stempel holen. Es ist ein wenig unübersichtlich aber alles läuft sehr freundlich-entspannt ab.
Die Sache dauert trotz Hilfe etwa eine Stunde bis Pontius, Pilatus et al. den jeweiligen Sanktus gegeben haben.
Die Frage ob wir (verbotenerweise) Alkohol dabei hätten, verneine ich offensichtlich überzeugend genug … Das Auto wird vom Zoll kaum kontrolliert, ein kurzer Blick in den Wohnaufbau ist alles.

Es stellt sich dann übrigens heraus dass unser „Helfer“ kein Offizieller ist, aber wir lassen uns nicht über den Tisch ziehen. Ich bezahle einen angemessenen Preis, nicht die verlangten und völlig unrealistischen 35 Euro.

Das mit der Autoversicherung für den Iran erledige ich dann etwa einen Kilometer weiter, vor der Endkontrolle, selbstständig. Für 2 Monate Haftpflicht zahlen wir 65 Euro (1 Monat hätte 38 Euro gekostet). Dabei komme ich zum erstenmal mit dem iranischen Geldsystem in Berührung, denn das Rückgeld bekomme ich in Rial.

1 Euro entspricht 65000 Rial, wobei bei Dingen des täglichen Lebens fast alles in Toman angeschrieben ist. Aber leider nicht alles. Was nun gilt – Rial oder Toman – muss man sich denken oder erfragen. 1 Toman entspricht 10 Rial.

Mit den 35 Euro Rückgeld von der Versicherung hätten wir den Hilux mehrfach volltanken können, denn wir zahlen im Iran für 50 Liter Diesel umgerechnet 4,60 Euro. Ja, ihr habt richtig gelesen.
Da macht der Blick auf die Tanksäule richtig Spaß!

Im Tastenfeld der Tanksäule kann man die persischen Zahlen sehen. Gottseidank entsprechen sie (bis auf die „4“) den arabischen, diese kenn ich eh. Sonst wäre die Verwirrung mit dem Zahlungssystem noch größer.

Wir testen das Ganze dann mal in einem kleinen Imbissladen. Wir bestellen 2 riesige Falafel, Salat und Getränke und sind anschliessend pappsatt.
Als es ans Zahlen geht, ziehe ich aufs Geratewohl irgendeinen Schein raus und schau einfach was ich so zurückbekomme.
Ich bezahle 1,50 Euro.
Wahnsinn. Wie soll man in diesem Land sein Geld loswerden? 🙂

Wir fahren dann ein paar Kilometer auf holprigen – wir sind von der Türkei sehr verwöhnt aber das geht teilweise echt ruppig her – und von „Speedbumps“ (Bodenschwellen) geprägten Strassen. Aus gefühlt jedem dritten Auto hupt und winkt man uns überschwänglich zu. Wir fühlen uns wie die Ostdeutschen anno 1989 mit ihren Trabis auf dem Weg in den Westen.

Als wir auf einer Tankstelle Brauchwasser nachtanken (Sprit haben wir ja noch), sehen wir wie im Iran Motoröl gewechselt wird: Über die Grube fahren, Ablaßschraube auf und rinnen lassen. Dann mit dem Fahrzeug wegfahren, ein Streichholz in die Grube werfen und die Luft im Umkreis von 300m verpesten.
Leider sieht man auf dem Foto nicht wie dick der Rauch tatsächlich war. Gestunken hat’s wie die Pest.
Jedenfalls lassen sich die Iranis begeistert fotografieren…

Unseren ersten Nachtplatz suchen wir uns abseits der Hauptstrasse, nahe einem Strassendorf. An blühenden Obstgärten vorbei kurven wir an einen kleinen Fluss. An einer freien Stelle geparkt, fertig. Schön ruhig, denken wir.
Wir wundern uns nur, dass uns bei der Fahrt vom Dorf raus zum Fluss immer wieder Mopeds mit (quer zur Fahrtrichtung – Fussgänger aufgepasst!) aufgebundenen Schaufeln begegnet sind.

Später dann, so gegen 23 Uhr Besuch von der iranischen Polizei. Ich lass es drauf ankommen und weigere mich standhaft, in den Ort zu fahren wo es „sicherer“ sei. Die können mich mal, ich bin saumüde und rühre mich heute sicher nicht mehr von der Stelle! Schlußendlich ziehen die Uniformierten unverrichteter Dinge ab. Alles läuft in freundlicher Atmosphäre ab.

10.4.2018
Die ganze Nacht sind alle halbe Stunde Mopeds und Autos an uns vorbeigefahren. Was zum Teufel ist da los?
Irgendwann bleiben ein paar Leute nahe unserm Nachtplatz stehen und diskutieren. Ich gehe hin und frage mit Händen, Füssen und Google Translator was die da bloss machen, ob sie nach Gold graben oder was.
Ja sagen sie, hier gäb’s ganz schön viel Gold. Na bumm!
Was haben wir für ein Glück. Unser erster Tag im Iran und schon auf ein Goldgräbernest gestoßen! 🙂

Die Polizei kommt dann auch nochmal und erkundigt sich besorgt ob wir letzte Nacht eh nicht ausgeraubt worden sind. Wir machen noch ein paar Späßchen miteinander, ich bedanke mich freundlich dass sie mich letzte Nacht eh nicht verhaftet haben und ich glaube sie sind froh als wir nach unserem ausgedehnten Frühstück endlich abziehen.

Die Strassen werden dann etwas besser, der Verkehr weniger dicht und es geht durch wirklich schöne Landschaften. Optisch-geologisch interessanter als die eher eintönige Osttürkei.
Überall gibt’s Melonen zu kleinen Preisen:

Unsere erste richtige Stadt im Iran ist Tabris, die drittgrößte des Iran mit 1,5 Millionen Einwohnern.
Wir stürzen uns gleich auf den grossen, wunderbar überdachten Basar, der auch heute noch Hauptumschlagplatz für Waren aller Art ist.
Hier einige Impressionen:


Wie gehabt: Überall freundliche Menschen und (fast) alle lassen sich gern fotografieren 🙂

Einfach aber gut und reichlich Essen gehen (Suppe, köstlicher Reis mit Gemüse oder Fleisch, Salat) macht uns um 1,20 Euro pro Person ärmer. Ein leckerer frischer Fruchtshake (400ml) kostet ebensoviel, ist für hiesige Verhältnisse aber schon ein vergleichsweise teurer Luxus.
Ein handgemachter, ofenfrischer Fladen sesambestreutes Brot, mehr als ausreichend für ein 2-Personen-Frühstück, kostet 12 Eurocents.

Ich hab uns zum Übernachten einen schönen, ruhigen Platz gefunden: Blick über die Stadt inklusive.
Es gibt nämlich eine Seilbahn auf den Hausberg von Tabris, den Mount Eynali. Und am Parkplatz der Seilbahn stehen wir.
Ratet mal wer die Seilbahn gebaut hat? Richtig, die Vorarlberger.
Wir gehen trotzdem zu Fuss auf den Eynali, wie übrigens viele Iranis auch. Die Leute hier sind generell viel sportlicher als die Türken oder Araber.
Dazu sei ein ein Hinweis gestattet: Die Iranis sind keine Araber! Sie haben eine andere Sprache, eine völlig andere Kultur (auch im Umgang miteinander – kein Vergleich mit den rauen Sitten der Araber), sind subjektiv betrachtet ein wesentlich „schönerer“ Menschenschlag und bezeichnen sich auch – ohne Nazi-Konnex – als Arier. Viele junge Iranis haben mit dem Islam nix am Hut, fühlen sich durch die Vorschriften der Kleriker total unterdrückt und umgehen diese wo sie nur können. Natürlich gibt es auch Ausnahmen.
Freundlich sind sie alle:

10.4.2018
Mit Mahdi, einem sehr netten Medizinstudenten den wir gestern im Taxi kennengelernt haben machen wir einen Ausflug ins 50km entfernte Bergdorf Kandovan.
Ähnlich wie in Kappadokien (Türkei) haben sich die Leute ihre Behausungen in den weichen Tuffstein gegraben. Schaut für uns Aussenstehende recht malerisch aus, die Menschen leben aber sehr, sehr ärmlich.
Wir kaufen Fruchtgeleeplatten und Rosinensirup, alles sehr gute handgemachte Qualität. Gutes Trink-Quellwasser wird ebenfalls gebunkert.

Danach speisen wir in einem Luxusrestaurant die größten Schaschlikspieße unseres Lebens. Sehr aufmerksame Bedienung: Die haben an unserem Auto draußen am Parkplatz das „Autriche“-Nummernschild gesehen und schon wird eine österr. Fahne auf den Tisch gepflanzt.
Wir futtern wie die Könige und zahlen fast wie Bettler. Wenigstens ein fürstliches Trinkgeld möchten wir geben, stoßen aber nur auf freundliches Köpfeschütteln. Wir hätten eh schon genug gezahlt …

Über Kommentare freue ich mich übrigens sehr (Danke für die bisherigen)! Auch Fragen zu unserer Reise können über die Kommentare gestellt werden, oder per Email an meine bekannte Adresse.

Hier geht’s weiter zum Teil 5 des Reisetagebuches.

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2 Antworten zu Iran 2018, Teil 4: Nordostiran

  1. Christoph sagt:

    Cool

  2. Pingback:Iran 2018 Teil 3: Ostanatolien – www.maxblog.at