Arabische Halbinsel 2024, Teil4: Die Rückreise

Customs office Amman airport

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29./30. März 2024:
Von Salzburg fliege ich über Istanbul und Amman nach Aqaba (Jordanien). Ich habe kaum ein Auge zugemacht, die Vorfreude ist groß.


Am Flughafen in Amman musste ich durch die Immigration und nach ein wenig Diskussion bekomme ich ein gratis Visum. Man merkt sofort wenn man in arabischen Ländern ist: Sogar über den Preis eines Visums kann man hier verhandeln 🙂
Irgendwo hier in der Stadt werden auch meine Original-Autokennzeichen verschwunden. Vermutlich in einem ähnlich organisierten Büro:

Bisher bin ich ja aus Platz- und Gewichtsgründen die gesamte Strecke von Österreich über den Oman und Saudi-Arabien ohne Reservereifen gefahren. Diesmal habe ich einen Reifen im Flieger mit – man will ja das Schicksal nicht herausfordern. Beinahe wäre er in Amman geblieben – nur halb durch Zufall entdecke ich ihn auf dem Gepäcksausgabeband. Eigentlich war ja ein Label drauf, der ihn bis nach Aqaba durchchecken sollte aber das hat wieder mal keiner gelesen. Na ja, es ist halb drei Uhr morgens, da muß man gnädig sein.
Ich bitte einen der Angestellten von Royal Jordanian das zu regeln und gehe in ein anderes Terminal für meinen Weiterflug. Hier wartet nur eine Handvoll Leute auf den Flieger.

Anflug auf Aqaba (vorne unten), im Bildmittelpunkt Eilat (Israel), dahinter beginnt der Sinai:

In Aqaba wartet um 8 Uhr der vorbestellte Fahrer und in rasanter Fahrt über verlassene Straßen (es ist Ramadan, fast jeder schläft tagsüber) bringt er mich zur Jordanisch-Saudischen Grenze.

Juhuu, Luxi steht brav da wo ich ihn von 2 Monaten abgestellt habe und wartet auf mich.

Erstmal alles verräumen und dann wird der angesammelte Staubschicht von zwei sehr beflissenen, gründlichen Indern abgewaschen.

Dann an den Strand und ein bißchen Schlaf nachholen, Schnorcheln gehen (zufällig gibt’s an meinem Schlafplatz südlich der Grenzstadt Haql ein paar kleine Riffe), den Fischen und einer neugierigen Meeresschildkröte zusehen.

Wegen des Ramadan sind die Öffnungszeiten von Geschäften und Behörden total durcheinander. Untertags ist kaum eine Menschenseele zu sehen.
Dann am späten Nachmittag öffnen manche Lebensmittelläden kurz, zu Sonnenuntergang ist alles wie ausgestorben. Es wirkt wie zu Zeiten des strengen Corona-Lockdowns. Jeder futtert dann, davor gehen die Männer wie Tiger im Käfig vor ihren Häusern auf und ab, sehen alle halbe Minute auf die Uhr. „Noch 10 Minuten, dann dürfen wir essen und trinken.“ Nach dem Fastenbrechen um 21 Uhr sind alle Moscheen bummvoll, erst danach um 21:30 sperren die Geschäfte richtig auf. Bis 2 oder 3 Uhr morgens wird die Nacht zum Tag gemacht. Danach Frühstück und zu Sonnenaufgang legt man sich schlafen.
Die Produktivität muslimischer Länder geht im Ramadan entsprechend oft gegen Null.


Jedenfalls dauert es daher bis ich für die nächsten Tage eingekauft und meine SIM-Karte reaktivieren habe lassen. Dann bewege ich mich entlang der Küste nach Süden. Mal sehen ob ich ein paar schöne Schnorchel- und Badeplätze finde.
31. März – 1. April 2024:Manche Abschnitte sehen vielversprechend aus:

Je weiter ich mich von Haql entferne, desto sauberer werden die Strände.
Das Wasser hat angenehme 22 oder 23 Grad, die Lufttemperatur geht auf über 53 Grad tagsüber. Die Luft ist aber so staubtrocken, dass man nicht verschwitzt ist und sich das ganze anfühlt wie knapp 30 Grad. Nur nachts im Auto ist es trotz aller geöffneter Luken, Fenster und Türe bei um die 26, 27 Grad zeitweise unangenehm warm.

Baden und Schnorcheln ist da die einzig wirksame Abkühlung.

Nach etwa 40 Kilometern Richtung Süden ist Schluß: Die gesamte Küste ist ab hier NEOM Sperrgebiet. Die erste Polizeiabsperrung kann ich noch weiträumig umfahren aber dann stehe ich vor einem unüberwindlichen Zaun.

Na gut, auf in die Berge. Ein letztes Mal will ich noch die rote Wüste Nordwest-Saudi-Arabiens, das Hisma Plateau mit seinen bizarren Felsen sehen.
Eine nigelnagelneue, in keiner Karte eingezeichnete Schnellstraße führt genau in meine Richtung. Das Schild „Road closed“ habe ich leider übersehen 😉 denn ich spare mir so etwa 100 Kilometer Umweg.

Schnell gewinne ich an Höhe, auf 700 m über dem Meer richte ich mich für die Nacht ein.
Es ist angenehm kühl, totenstill und Millionen Sterne funkeln über Luxi und mir.
2. April 2024:
Guten Morgen!
Nach einem frühen Start hat der Tag eine kleine Kletterübung für Luxi parat. Die nördliche Zufahrt zu der neuen Straße ist rigoros abgesperrt und es gibt nur eine Möglichkeit. Die sieht auf dem Foto längst nicht so wild aus wie es wirklich war:

Der LKW-Verkehr ist enorm. Das größenwahnsinnige NEOM Projekt verändert die Landschaft in großen Teilen. Und wenn man nur kurz am Straßenrand stehen bleibt, ist sofort „Security“ zur Stelle.

Dass es nicht wirklich um die Sicherheit geht, erkennt man leicht an der Tatsache, dass ich nich mal auf dem Pannenstreifen sondern rechts davon auf Sand stehe, die offene Fahrertüre des Beamten aber fast in die Fahrbahn ragt 🙂
Man will hier keinerlei ungewöhnliche Aktivitäten, alles wird sofort im Keim erstickt. Proteste der enteigneten Einheimischen sowieso.
Neben der bekannten Riesenstadt „The Line“, dem gigantomanischen Yachthafen usw. entsteht hier in der Gegend das Schigebiet „Trojena“. Zugegeben, der höchste Berg Saudi-Arabiens, der Jebel Lawz ist über 2500m hoch. Aber Schnee gibt’s auch da nur alle heiligen Zeiten und dann nur wenig. Also werden über hunderte Kilometer große Rohre verlegt in denen mit irrem energetischem Aufwand Meerwasser entsalzt und hochgepumpt wird. Dann wird das Wasser mit noch mehr Energie stark gekühlt und anschließend als Kunstschnee auf die künstlich angelegten Pisten verteilt. Ganz ökologisch, eh klar. Und die olympischen Winterspiele können kommen. Das IOC wartet schon mit geöffneten Brieftaschen.

Bis alles fertig ist schuften hier asiatische Arbeiter und fliegen riesige Transporthelikopter Unmengen an Material hoch ins Schigebiet. LKWs schnaufen einer nach dem anderen an neu gebauten Straßen hoch und runter.
Auch hier im hochmodernen Arbeiterlager wird Sicherheit großgeschrieben. Wenigstens sind die Securityleute sehr freundlich und hilfsbereit.
Hier ein Blick auf das Gebiet, wo das Schigebiet entsteht (im Hintergrund):

Schaut doch richtig nach Pistengaudi aus, nicht?


Ich wende mich mit Schaudern ab und fahre nach Osten, in die grandiose Gegend wo ich vor gut zwei Monaten schon war und genieße die Wüsteneinsamkeit des Hisma Plateaus. Die gesamte Gegend liegt auf mindestens 1100 m.ü.M. und das heißt natürlich warme bis sehr warme Tage aber angenehm kühle Nächte.

Es hat geregnet. Neben dem weißblühenden Rutenginster sind viele Blumen und Insekten zu sehen, wie etwa dieser Dominolaufkäfer. Auch die Kamele finden reichlich Futter.
3.+4. April 2024:
Lange Wanderungen, genüßliches Offroadfahren, Genießen der Ausblicke und ein wenig Vorbereitungen für die Heimreise stehen täglich am Programm. Unterbrochen wird das ganze nur von gelegentlich vorbeischauenden, auffallend kohlrabenschwarzen, freundlichen sudanesischen Kamelhirten.
Auch das Wetter könnte angenehmer nicht sein.
5. April 2024:
Es macht richtig großen Spaß, hier zwischen den hohen Sandsteinfelsen herumzukurven. Etwa 100 km weiter nördlich befindet sich das berühmte Wadi Rum in Jordanien. Dies hier ist die geologische Fortsetzung desselben – aber völlig ohne Touristen.Ich kann mich nicht erinnern, schon mal einen Wiedehopf gesehen zu haben. Hier flattert mir einer dieser wunderschönen Vögel vor dem Auto vorbei. Leider kann ich nicht rechtzeitig das Handy zücken um ein scharfes Bild zu machen.



Eine Asphaltstraße schneidet sich von Ost nach West durch das Hisma Plateau. Hier finde ich einen kleinen Supermarkt wo ich frisches Obst bekomme. Dann geht’s gleich weiter in den nördlichen Teil des Plateaus. Mein erstes Ziel ist das Wadi Widad.
Nach einer sehr weichen, tiefsandigen Anfahrt platziere ich Luxi zwischen den hohen Felsen der Schlucht und erforsche die Gegend per pedes.



Hier wachsen wilde Feigenbäume mit kleinen Früchten. Die Blätter sehen ganz anders aus als die der im Mittelmeerraum vorherrschenden Feigenbäume.Wenige hundert Meter flußaufwärts gibt’s ein kleines, schlammiges Wasserloch das nicht gerade zum Baden einlädt.
Viele schmale Felsspalten prägen den Oberlauf des Wadi Widad. Auch Cistanchen finden sich hier, das sind Schmarotzerpflanzen die die Wurzeln anderer Pflanzen anzapfen um an Wasser zu gelangen.
Ich wandere durch die Nachmittagshitze im heißen Sand ins benachbarte Wadi. Eine gut getarnte, sandfarbige Walzenspinne (auf arabisch heißt sie „die, die beißt“) lässt mich in Frieden vorbeiziehen. Nachdem ich ja so gut wie immer barfuß gehe, bin ich darüber recht froh.

Bei einer tief eingeschnittenen Schlucht und Höhle geht’s dann nicht mehr weiter.
6. April 2024:
In der morgendlichen Kühle heißt es gleich einmal „an die Arbeit!“
Der Sand ist so tief, daß ich eine Mini-Steigung nicht hochkomme. Hier für alle die nicht wissen wie das geht:
1. Die Situation in Ruhe von allen Seiten begutachten
2. Eine Strategie überlegen wie man weiter fahren will: Vorwärts? Zurück?
3. Schaufeln und zwar rund (!) um alle 4 Räder
4. Nochmal kräftig Luft aus den Reifen lassen. In diesem Fall 1,3 bar. Weniger geht kurzfristig auch.
5. Sandbleche legen
6. Mit Allrad und Untersetzung rausfahren.
7. Erst stehenbleiben wenn der Untergrund fester ist.
8. Sandbleche und Schaufel wieder holen 🙂
9. Reifen aufpumpen sobald absehbar ist, dass es gut weitergeht.
Ein paar Kilometer weiter gibt’s eine Pumpstation wo aus der Tiefe des sandigen Wadis Wasser hochgepumpt wird. In einem Land in dem gutes Wasser so kostbar und teuer ist wie Diesel fülle ich bei dieser Gelegenheit natürlich meine Trinkwasservorräte auf.Auch eine Kamelherde kann’s kaum erwarten:

Meine Zeit am Hisma Plateau geht zu Ende aber einen kleinen Abstecher mache ich noch zu einem Felsbogen.
Auf dem Weg dorthin entdecke ich eine wunderbar gelegene Anhöhe von der man einen großartigen Blick in das Gewirr aus Felsdomen und Wadis hat und erwandere abschließend eine kleine Schlucht.

Dann geht’s durch Beduinenland mit vielen Zelten und Lagern zum erwähnten Felsentor.
Luxi paßt grad so durch.
Es ist heute recht windig. Die Wetter-App hat das gut vorhergesagt und unter anderem auch deshalb wollte ich erst morgen ans Meer.
Eine letzte Nacht auf 1000m wird von lästigen Uniformierten unterbrochen, die mich verscheuchen weil ich mein Nachtplatzerl angeblich auf Militärgelände gewählt hatte. Die letzten Wochen hatte ich überhaupt kein Problem damit aber wenn ich diese Deppen schon bald nicht mehr sehe, geht mir nix ab.


7. April 2024:
Der Wind hat sich wie vorhergesagt gelegt.
Die Fahrt ans Rote Meer, den Golf von Aqaba geht schnell: Luxi vernichtet hier nach einer kleinen weiteren Passhöhe die zuvor mühsam erkämpfte kinetische Energie, 1300 Höhenmeter auf 30 Kilometern.
Dann stehe ich wieder am Strand südlich von Haql und lasse nach all den Erlebnissen erstmal ein bissl die Seele baumeln.
Es hat im Vergleich zu vor einer Woche um 10 Grad abgekühlt, die Tagestemperaturen betragen etwa 30 Grad, also ähnlich wie in Österreich zur Zeit 🙂
8. April 2024:
Die Nähe von Grenzübergängen hat es so an sich, dass man verstärkt andere Reisende sieht.
Und so treffe ich heute ein Pärchen aus Bergheim bei Salzburg die so wie ich die Tour nach Afrika wegen der dortigen Imponderabilien vorerst aufgeben mussten.
(Jetzt habe ich endlich dieses schöne Wort wieder einmal verwenden können 🙂 )
Ein letztes Mal gehe ich noch an meinem kleinen „Hausriff“ schnorcheln, dann entscheide ich mich dazu aufzubrechen. Ich tu mir ja immer ein bissl schwer damit ein Kapitel abzuschließen, aber ich denke es ist Zeit und Saudi-Arabien habe ich jetzt wirklich gründlich erforschen dürfen.

Kurz vor der Grenze zu Jordanien wird Luxi mit günstigem Diesel aufgetankt. Bei umgerechnet 0,30 € pro Liter, verglichen mit 1 € in Jordanien macht das Sinn.


Vorbei an meinem 2-Monats-Parkplatz kurz vor den Zollgebäuden geht die saudische Ausreise „qui vonstatten“ – wie Goethe einmal an anderer Stelle anmerkte: Ein kurzer Fahrzeugcheck und das mittlerweile übliche elektronische Abnehmen der Fingerabdrücke, dann bin ich ausgereist.

Die jordanische Seite ist da etwas mühsamer, chaotischer und vor allem teuer. Zwar hab‘ ich ja jetzt den Trick raus wie ich zu einem gratis Jordanien-Visum komme, aber für das Fahrzeug wird einiges an Zollgebühren und vor allem an Versicherung fällig. 150 US$ lege ich insgesamt ab, denn die Mindest-Laufzeit der Versicherung ist ein Monat und weil der Hilux einen Wohnaufbau am Rücken trägt kostet’s fast doppelt. Da nutzt alle Diskutiererei nichts, es gibt nur eine monopolistische Versicherungsgesellschaft an der Grenze und ohne entsprechenden Beleg lassen mich die Jordanischen Grenzer nicht in ihr Königreich. Etwa 25 Kilometer sind es bis Aqaba und kurz vor der Stadteinfahrt fällt für mehrere Stunden das GPS aus, auf allen meinen Geräten. Seltsam.
Gottseidank kenne ich mich in Aqaba einigermaßen aus und allzu schwierig ist die Orientierung an einer Stadt am Meer ja nicht. So finde ich schnell mein indisches Lieblingsrestaurant in einer kleinen Seitenstraße …
… und kurz vor dem dunkelwerden bin ich schon wieder auf der Schnellstraße raus in Richtung Desert Highway.

Erst will ich in einem Wadi übernachten aber nachts ziehen Wolken auf und das Risiko ist mir dann doch zu groß. Wenn es im Einzugsgebiet des Wadis regnen sollte, dann kann so ein Trockental zur tödlichen Falle werden – auch wenn man’s gar nicht mitbekommt weil es am Standplatz nicht mal tröpfelt.
Also suche ich mir ein paar Kilometer weiter ein überschwemmungssicheres Plätzchen.


9. April 2024:
Die Abzweigung zum berühmten Wadi Rum lasse ich rechts liegen. Ich hatte mindestens dasselbe Erlebnis in den letzten Wochen am Hisma-Plateau im Nordwesten Saudi-Arabiens, nur ohne Touristenjeeps, ohne Permit, ohne Souvenirzelte der Beduinen. Außerdem war ich ja in der Vergangenheit (1999 und 2010) schon zwei Mal dort.Heute nehme ich zweimal einheimische Autostopper mit. Die freuen sich sichtlich denn der Verkehr ist spärlich. Einer erzählt mir, dass er schon eine volle Stunde gewartet hat.

Nach einem 1550 Meter hohen Pass sehe ich die ersten „richtigen“ Bäume in freier Wildbahn die nicht Akazien sind. Auch ein paar Olivenbäumchen sind dabei.

Nach der Kleinstadt Maan wird die Straßenqualität des Desert Highway immer schlechter, ein ziemliches Gerumple. Aber gut, die Strecke wird im Gegensatz zur Route entlang des Toten Meeres wenig befahren. Durch wenig abwechslungsreiches Wüstengelände geht es ab hier erst nach Osten um später Richtung Nordost eine Ecke Saudi-Arabiens zu umgehen. Ab Mittag zieht es zu. Es ist stark bewölkt, ein kühler Wind bläst und die Erforschung ein paar alter Vulkankrater lasse ich daher bleiben. Dafür finde ich seltsame runde bis ellipsoide Felsen abseits der Straße. Viel feuersteinähnliches Material liegt herum. Wäre spannend zu erfahren wie die entstanden sind – ob es etwas mit den vulkanischen Aktivitäten vor Millionen von Jahren zu tun hat?Man sieht, die Highlights entlang der Strecke sind überschaubar. Auch das kleine Garnisonsstädtchen Azraq mit seiner halbverfallenen Festung aus dunklem Basalt bildet da keine aufsehenerregende Ausnahme. Touristen verirren sich zwar schon hierher, das hindert aber niemanden daran seinen Müll – wie es etablierte landesübliche Tradition ist – einfach nebenan hinzukippen.
Dann aber wird’s ein wenig dramatisch denn ein Sandsturm zieht auf. Erst wird nur wenig Sand davongetragen, es sieht aus als ob die Wüste rauchen und dampfen würde. Dann füllt sich die Luft mit immer mehr Sand und Staub, der starke Rückenwind schiebt mich immer schneller in diese Wolke hinein welche fast die Sonne verdunkelt …… und so schnell wie der Sturm kam so schnell legt er sich dann auch wieder. Es beginnt leicht zu regnen.
Später erfahre ich, dass der Sandsturm von der östlichen Seite her wirklich dramatisch war. Mir wurden davon grandiose, umwerfende Bilder gezeigt. Diese werde ich nach den Copyright-Verhandlungen hier hoffentlich einfügen können.

In der Grenzstadt Ruwaished gehe ich nochmal essen und am Restaurantparkplatz fährt ein dickes Auto vor. Der Fahrer behauptet er wäre 16 Jahre, ich glaub‘ ihm das aber nicht so ganz 😉
In gut 12 Stunden habe ich ganz Jordanien durchmessen – jetzt stehe ich an der Grenze zum Irak. Diese hat seit dem späten Nachmittag geschlossen, ich muss bis morgen früh warten und suche mir einen Schlafplatz abseits der LKWs und der vielen streunenden, dauerbellenden Hunde. Diese Hunde hat es übrigens seit ich aus Saudi-Arabien ausgereist bin. Dort und im Oman gibt es kaum welche, aber ab Jordanien wurde es schlimm.


10. April 2024:
Die Nacht war mit unter 9°C draußen richtig kühl. Niemals hätte ich mir vor wenigen Tagen vorstellen können, dass die Standheizung noch einmal zum Einsatz kommt. Der letzte Tag des Ramadan und es beginnt eine kafkaeske Behörden-Odyssee die seinesgleichen sucht. Die jordanische Ausreise alleine dauert schon Stunden.

Dann geht’s durch kurzes „No-man’s-Land“ zur irakischen Seite. Dort treffe ich ein nettes schweizer-deutsches Pärchen das mit seinem LKW-WoMo gestern den Sandsturm – an der Grenze wartend – auf sich zukommen sah. Die folgenden Stunden versuchen wir gemeinsam, der irakischen Bürokratie ein bisschen etwas entgegen zu setzen und uns gegenseitig moralisch Beistand zu leisten. Später kommt noch ein 86 (!!!) jähriger Münchner dazu, der seine Frau nach gemeinsamer Reise am Flughafen in Amman abgeliefert hat und jetzt das Auto solo heimbringen soll.
Ich scherze mit den Beamten am ersten Gate, unter anderem muß sich einer der Offiziere meinen Spott gefallen lassen weil sich sein dicker Bauch unter dem Uniformhemd so wölbt, dass er dort einen Knopf verloren hat. Wo denn seine Frau wäre und ob er selber nicht mal einen Knopf annähen könne, frage ich ihn freundlich-grinsend. Seine Kollegen und er selbst kugeln sich vor Lachen.

Das Ganze hat einen ernsteren Hintergrund: Ich versuche das Eis zu brechen und mir die Grenzer wohlgesonnen zu machen denn mein Zollpapier für Luxi, das sogenannte Carnet de Passage ist vor einem halben Jahr abgelaufen und ich habe mir erst heute Morgen am Laptop eine aktuellere Version ge-photoshopped und selbst zugeschickt.
Bei meiner ersten Einreise Ende 2022 ( von der Türkei kommend) wollte niemand ein Carnet sehen, das hat sich mittlerweile geändert und der Irak verlangt jetzt eine solche Zollgarantie.

Wie dem auch sei, mit diesem ersten Gate war erst der Anfang gemacht und viele, viele weitere Stationen sollten folgen. Immer wieder fehlt hier eine Unterschrift, dann dort noch ein Stempel – also zurück zum Büro Nr. X wo der Diensthabende mittlerweile ein Nickerchen macht, beim Beten ist oder einfach am Klo.

Es kommen einige Kilometer per pedes zusammen, zumindest meinen Sport habe ich.
Nichts ist auf Englisch angeschrieben.
Zum Glück ist heute, am Eid-Al-Fitr Feiertag anläßlich des Endes des Ramadan extrem wenig los. Diese Tatsache allein habe ich es wohl zu verdanken, dass mein Verstand einigermaßen intakt bleibt.
Bis dann wirklich alle Papiere in Ordnung sind, ist es 16:30 Uhr und das Tor öffnet sich.

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